Tschechische Klassiker #1: Der Proceß - Franz Kafka

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  • čas přidán 8. 06. 2024
  • 0:00 verschiedene Anfänge
    1:37 erste Interpretation
    3:09 Handlungspunkte
    5:28 der Richter entsteht im Inneren
    7:33 Unklarheit des Gerichts
    10:50 Vor dem Gesetz
    13:12 mögliche Interpretationsansätze
    13:46 sexuelle Übergriffigkeiten
    14:20 Übernahme der Prozess-Struktur im Privaten
    15:42 Der Prügler und die Ausflüchte
    17:40 freie Reflexion ist nicht mehr möglich

Komentáře • 31

  • @Malika77ful
    @Malika77ful Před 2 lety +19

    Ich musste den Prozess im Deutsch Leistungskurs lesen und habe das Buch dann nach dem Abi freiwillig nochmal gelesen. Ich glaube, es gibt kein Buch, dass mich so viel Unwohlsein hat spüren lassen wie dieses. Diese diffuse/surreale Erscheinung des Gerichts, die Art wie sich Josef K. einfach seinem Schicksal fügt, ich fand das alles sehr schwer zu ertragen. Nichtsdestotrotz ein sehr faszinierendes Werk.

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před 2 lety

      Ich kann deiner Einschätzung einfach nur zustimmen, ebenso ging es mir beim Lesen auch.
      Liebe Grüße

  • @edcfreundin4182
    @edcfreundin4182 Před 2 lety +6

    Hi Max, ich könnte dir stundenlang zuhören. Ich habe selten jemanden so angenehm und tiefgründig über Literatur reden hören. Danke für dein Video!🙂

  • @dopamin282
    @dopamin282 Před 2 lety +3

    Hallo Max, es ist 22:50 Uhr und ich habe gerade "Der Prozeß" beendet und bin noch völlig erschlagen von diesem Werk. Dass ich das Buch innerhalb von zwei Tagen gelesen habe, hat das Leseerlebnis, in all seiner bedrückenden Wucht, nochmals intensiviert. Ich musste mir jetzt aber unbedingt noch dein Video dazu anschauen, um mich nicht völlig leergelesen zurückgelassen zu fühlen. Die Geschichte wird noch ein paar Tage in mir nachhallen.

  • @tanja9673
    @tanja9673 Před 2 lety +4

    Hallo Max,
    danke für dieses ausführliche Video zu dem Text. Solche Videos mag ich am liebsten. Ich habe auf jeden Fall neue Anregungen bekommen, über den Text noch einmal anders nachzudenken. Ich habe mal ein Seminar zu filmischen Schreibweisen in Kafkas Texten besucht und das hat meinen Blick auf den Roman auch noch einmal verändert. Auch viele der Szenen, die man auf jeden Fall als übergriffig ansehen kann, haben etwas Slapstickartiges. Kafka war ja großer Kinofan und viele beim Lesen sehr merkwürdig anmutende Szenen kann man sich prima in einem Stummfilm vorstellen - beispielsweise, wenn die Frau einfach mal über die Schulter geworfen und weggetragen wird. :D
    Tatsächlich vermutet man bei Kafka ja immer sehr ernste Gedanken, was sicher auch berechtigt ist, man sollte aber nicht vergessen, dass er auch sehr viel Humor hatte und der 'Überlieferung' nach ( ;) ) lauthals beim Vorlesen von Szenen aus dem Proceß gelacht hat.

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před 2 lety

      Hallo Tanja,
      genauso ging es mir auch beim Lesen: ich habe mehrmals gelacht und fand viele Schilderungen urkomisch. Besonders die von dir genannte Beförderung von Frauen auf einem (!) Arm (wie ein Kellner) fand ich sehr amüsant, ja.
      Auch bei Wikipedia steht die Passage über das laute Gelächter beim Vortragen des Textes durch Kafka. Daher kenne ich diesen ganz wichtigen humoristischen Einschlag. Es ist eben auch oft wie bei Beckett: Gesprächsszenen im Bett, Slapstick, Mini-Zimmer...das alles erinnert an die absurde Komik von Beckett und hat sie wohl auch beeinflusst.
      Dennoch halte ich den Kern des Buchs für ein Gefühl der Heimatlosigkeit, vor allem der "Einspruchslosigkeit" gegen das Unrecht. Dieses Unrecht kann und muss mitunter auch absurde Formen annehmen, diese Darstellung verstärkt ja das Bild der Hilflosigkeit des Menschen. Das ist so groß gelöst, finde ich. Im Vergleich mit Camus' indifferenter Coolness der Männer fällt mir Kafkas literarische Größe besonders auf.
      Liebe Grüße

    • @tanja9673
      @tanja9673 Před 2 lety

      @@KainUndAbelBooks Ist schon ein paar Jahre her, daher wusste ich nicht mehr, dass es auf einem Arm war. :D Ich finde auch die Szene beim Maler sehr witzig. Aber gleichzeitig hat auch vieles etwas sehr Beklemmendes. Ich hatte ja letztens auch schon erzählt, dass mich K.s Verhalten bei der ersten Lektüre auch furchtbar wütend gemacht hat. Das ist eben das Tolle an dem Roman: Er löst nacheinander (teilweise auch gleichzeitig) viele verschiedene Gefühle aus.
      Und das Gleiche empfinde ich bei der Deutung: Es sind so viele Interpretationsmöglichkeiten vorhanden und bei Kafkas Texten habe ich auch nie das Bedürfnis (wie bei anderen teilweise), eine "perfekte" kohärente Interpretation zu finden. Das ist großartig!
      Ich muss zugeben, dass ich mich kaum mit der Kafka-Rezeption befasst habe und auch so gut wie keine Sekundärtexte gelesen habe, aber deine Deutung der Torhüter-Parabel war ganz neu für mich und hat mir viele Denkanstöße gegeben. Danke dafür!
      Hilflosigkeit und Heimatlosigkeit empfinde ich auch als Kern des Textes, das hast du toll auf den Punkt gebracht.
      Mit Camus hätte ich jetzt Kafka gar nicht in Beziehung gesetzt, aber Kafkas Empfindsamkeit (wenn man das so bezeichnen kann) ist wirklich herausragend.

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před 2 lety

      @@tanja9673 Mit dem fehlenden Bedürfnis nach einer einzigen kohärenten und in sich ausreichenden Interpretation geht es mir ebenso wie dir - die verwirrende, kitzelnde Vielschichtigkeit des Textes ist ein hohes Gut, dem ich verzückt folge wie dem bunten Treiben eines Kaleidoskops.
      Offen gestanden - ich schäme mich fast, es zu schreiben - finde ich die Türhüter-Parabel weniger wichtig und auch weniger schwierig, als es häufig dargestellt wird. Damit will ich gar nicht sagen, dass ich diese wenigen Zeilen, knapp 2 Seiten komplett entschlüsselt habe. Aber im Kontext der Geschichte wird ihr Inhalt sozusagen mehrfach wiederholt und die mögliche Deutung wird ja vom Priester und Josef K. direkt im Anschluss erprobt. Ich persönlich sehe keinen Grund, an ihren hermeneutischen Versuchen zu zweifeln und meine eigenen Gedanken über ihre Interpretation zu stellen. Daher ist für mich die letzte Aussage des - gegenüber Josef K. - mächtigeren Priesters entscheidend: "Wir kommen und wir gehen, und über uns ist das ewige, an uns ganz desinteressierte Gesetz."

    • @tanja9673
      @tanja9673 Před 2 lety

      @@KainUndAbelBooks Stimmt, dieser Satz spricht sehr für deine Lesart. Ich muss sagen, dass ich mich gar nicht mehr so gut an das Gespräch danach erinnern kann, die letzte Lektüre ist sicher 12 Jahre her. Die (unterstellte) Rätselhaftigkeit liegt vielleicht auch darin begründet, dass der Text häufig auch allein, also ohne den ihn umgebenden Roman veröffentlicht wird. Dann könnte das Gesetz ja freier gedeutet werden. Häufig wird der Proceß ja auch als Kritik an der Bürokratie und als Kampf des Individuums gegen die Strukturen gelesen und dann ist das Gesetz in der Torhüterparabel ja schon rätselhafter.

  • @JustinAengenheyster
    @JustinAengenheyster Před rokem

    Definitiv interessant - danke dafür.

  • @user-el8bp1gj2m
    @user-el8bp1gj2m Před 4 měsíci

    Und sehr hilfreich für das Verständnis von der Prozess warum es das Josef k. Wiederfährt ist der Kurztext von Franz Kafka, Schlag ans Hoftor

  • @NathanSeraph
    @NathanSeraph Před 2 lety +7

    Hm, das klingt ja alles ganz schön kafkaesque 😁
    Ich finde deine Gedanken zu dem Roman sehr schön und sehr nachvollziehbar,
    auch wenn ich selbst, es niemals so hätte ausdrücken können.
    Ich hoffe sehr, dass du irgendwann auch nochmal "Das Schloß" von Kafka
    liest und besprichst. Da sehe ich sehr viele Parallelen zum Process.
    Das Schloß fand ich persönlich sogar noch besser als den Process, obwohl ich
    dir jetzt nicht mal genau sagen könnte, warum.

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před 2 lety +6

      Danke für das positive Feedback, es freut mich, dass du die Gedanken nachvollziehbar findest!
      Das Schloss habe ich vor Jahren schon einmal gelesen, aber nicht intensiv bearbeitet. Ein zweiter Durchgang ist also notwendig. Schön, dass es noch einige Kafka-Liebhaber gibt!
      Liebe Grüße

  • @dontcallmejerry5077
    @dontcallmejerry5077 Před rokem +1

    Für mich ist der Prozess im Augenblick des Lesens zu genießen!

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před rokem +1

      Cool!
      Und was bedeutet das?

    • @dontcallmejerry5077
      @dontcallmejerry5077 Před rokem +2

      @@KainUndAbelBooks leider habe ich keinen der mir helfen kann ihn zu verstehen , vl ist es auch gar nicht nötig Ihn zu interpretieren, vl liegt der Sinn im Augenblick des Lesens . Kafka produziert in meinem Kopf Bilder wie kein anderer , die Art und Weise wie er schreibt , fasziniert mich ! Ich meine nicht den Inhalt (der ist eh unglaublich )sondern der Satzbau , Wortwahl und die Art und Weise wie er den Text gebaut hat . Es ist mir unbegreiflich wie ein Mensch sowas schaffen kann .
      Ich habe bereits festgelegt, dass ich bei meiner Beisetzung von ihm und Schubert begleitet werde …das wird ein Fest !

  • @santiagopatino6582
    @santiagopatino6582 Před 2 lety +4

    Hallo! Ich habe nur Das Schloss von Franz Kafka gelesen, aber seit diese Video würde ich mehr untersuchen, ob man es sagen kann. Ich komme aus Kolumbien und lerne noch die deutsche Sprache, allerdings lese ich gerade Der Meler der fliessenden Welt von Kizuo Ishiguro auf Deutsch. Er hat ein Novel über seine Kultur als Japanisher geschrieben. Außerdem steht in das Buch die "gute" mannieren, dass jeder Mensch folgen solllen. Es erinnere mich Kafka... aber es ist nicht einfach zu erklären.
    Vielen Dank für Ihre Liebe, wenn Sie über Bücher reden.

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před 2 lety +2

      Hallo Santiago, es freut mich, dass meine Bücher-Liebe beim Reden deutlich wird!
      Die deutsche Sprache ist sicherlich ziemlich schwierig zu lernen, daher beglückwünsche ich dich zu deinen bisherigen Leistungen. Toll, dass du schon auf Deutsch schreiben kannst!
      Ishiguro werde ich ja auch bald lesen, zumindest ist das der Plan. Ich weiß, dass manche Literaturexperten ihn für einen langjährigen Kandidaten für den Literatur-Nobelpreis halten, daher erwarte ich von der Lektüre viel, hoffentlich nicht zu viel. Aber dass auch du sein Werk gerne gelesen hast, klingt ja schon einmal sehr gut.
      Liebe Grüße

  • @Lerichie
    @Lerichie Před 2 lety

    Hallo Max, danke für diese kompakte Rezension. Kafkas ungeheuer breite Denkwelt zu erfassen oder zu beschreiben - gar zu interpretieren - ist ja wahrlich nicht so einfach. Die Räume, die er in seinen Romanfragmenten oder selbst in den kürzesten Erzählungen und Skizzen aufmacht, sind so groß und für jede und jeden, der sie zu betreten bereit ist, ein unerschöpflicher Quell. Für mich war "Der Proceß" der Eintritt in die faszinierende Welt dieses Autors, die mich seitdem nicht mehr loslässt. Und ich kann mich dem früheren Kommentar nur anschließen und "Das Schloss" ebenfalls sehr empfehlen. Ganz zu schweigen von den wunderbaren Briefen, die er geschrieben hat - allein die an seine Schwester Ottla...
    Übrigens macht mich deine Überschrift etwas stutzig. Zählt der Roman zur tschechischen Literatur? Die Einordnung ist tatsächlich nicht ganz einfach, doch der Text ist wie alle anderen Kafkas auf deutsch geschrieben und Prag als Hauptstadt Böhmens war zur Entstehungszeit des Romans Teil der KuK-Monarchie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Kafka tschechoslowakischer Staatsbürger und nach Max Brod sahen sich er und sein Freundeskreis als Prager Schriftsteller deutscher Sprache und nicht unbedingt als tschechische Autoren.

  • @andrea_wintermaedchen
    @andrea_wintermaedchen Před 2 lety +3

    Lieber Max,
    vielen Dank für diese herausragende Buchbesprechung. Interessant, dass du Der Proceß als tschechischen Klassiker einstufst, wo Kafka doch ein deutschsprachiger Schriftsteller war. So gedacht, wäre beispielsweise Yoko Tawadas 2020 veröffentlichtes (und in deutscher Sprache geschriebenes) Buch “Paul Celan und der chinesische Engel“ ein japanisches Buch? 🤔 Aber hier mag es kein richtig oder falsch geben.
    Es ist dir mit diesem Video in jedem Fall gelungen, Ideen und Interpretationsansätze zu liefern („Übernahme externer Machtstrukturen“) die mir Neu sind und meine Schublade an Erklärungsversuchen weiter befüllen. Ich habe das Gefühl, dass je mehr Interpretationen man zum Proceß liest, desto weiter entfernt sich das Buch von einem. Dabei sollte es ja gerade andersherum sein.
    Als ich damals Der Proceß beendet und nach Beendigung des Buches zu Recherchieren begonnen hatte, bin ich ebenfalls auf eine Fülle an Interpretationen gestoßen. Eine fand ich dabei besonders interessant, auch wenn ich sie mir in meiner Buchbesprechung nicht selbst zu eigen gemacht oder gar erwähnt habe.
    So soll Der Proceß „als Umsetzung von Flauberts Romanprojekt über Nichts begriffen werden“. Flaubert hatte sich wohl in den Kopf gesetzt, ein Buch zu schreiben, in dem es um „Nichts“ geht. Was natürlich gar nicht so einfach ist, denn, Zitat: „Anders als in der Malerei, bei der strikte Gegenstandslosigkeit kein Problem darstellt, widersteht die Dichtung der konsequenten Abstraktion: Ihr Material - die Sprache - bleibt stets an Semantik gebunden, sodass die Kontaminierung mit ›Sinn‹ in literarischen Texten kaum zu vermeiden ist.“ Die Buchbesprechung (welche übrigens auf der Seite der Uni Kiel gefunden werden kann) zu Der Proceß weiter: „Nur scheinbar wird hier in realistischer Tradition mimetisch erzählt. Allerdings fehlen elementare Charakteristika der realistischen Erzähltradition (Kausalität der Handlung, Kompatibilität von Lebenswelt und Textwelt) − es wird also nur vorgetäuscht, von ›Etwas‹ zu erzählen.“
    Ich finde diesen Interpretationsansatz höchst interessant, aber vielleicht auch ein bisschen zu einfach. Ich denke man könnte sein ganzes Leben darauf verwenden, dieses Buch zu erfassen, und würde trotzdem auf keinen grünen Zweig kommen. Ich kann mich noch auf eine ganze Reihe ungelesener Werke von Kafka freuen und bin gespannt, ob diese mich auch so fesseln werden wie Die Verwandlung und Der Proceß.
    Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag und freue mich auf weitere Videos!

    • @KainUndAbelBooks
      @KainUndAbelBooks  Před 2 lety

      Hallo Andrea, danke für deine aufmerksame und freundliche Antwort!
      Den Punkt der nationalen Zugehörigkeit Kafkas finde ich persönlich offenbar weniger wichtig. Natürlich verstehe ich, dass man Autoren zuordnen und in eine Tradition einbetten möchte (und wohl auch muss zum Verständnis), aber bei Kafka habe ich die einfache Lösung der heutigen Nationalität gewählt. So wie ich auch die deutschsprachigen Realisten oder frühere Autoren, die in den unterschiedlichen Duodezfürstentümern gelebt haben, als "Deutsche" bezeichnen würde (Büchner, Heine, Grimmelshausen, von der Vogelweide...) Wir können uns aber gerne auf einen Europäischen Klassiker einigen, das dürfte Kafkas Rang ja ohnehin nahekommen.
      Die Interpretation, auf die du aufmerksam geworden bist, überzeugt mich persönlich nicht. Warum sollte ein Künstler das "Nichts" zum Thema erheben wollen, ohne dieses Thema dann im Werk irgendwo anzudeuten? Schon in der unendlichen Geschichte fand ich das "Nichts" unvorstellbar. Aber gut, das ist wohl eine andere Problematik ;-)
      Ohne dass ich diese Interpretation gelesen habe, kann ich aber natürlich nichts dazu schreiben. Ich vermute, dass der Begriff des "Nichts" eher Aufmerksamkeit erregen will, inhaltlich könnte diese Analyse ja auch zu meinen Gedanken passen.
      Du hast völlig recht, die Vielzahl der Interpretationen bei Kafka ist wirklich enorm. Ehrlich gesagt erschöpft und ermüdet mich die Vorstellung, dass es so viele Ansätze gibt. Dadurch wirkt Kafkas Werk natürlich ungemein vielschichtig, aber auch so arbiträr, vielleicht wird es sogar zur diskussionsbefreiten Kunst, die jeder irgendwie tief und klug finden kann, ohne dass es als Grundlage eines gemeinsamen Gesprächs dienen kann. Ich hoffe, du verstehst, wie ich es meine.
      Für mich überwog bei der Lektüre die Auffälligkeit, dass Josef K. seine Schuld gar nicht hinterfragt. Nicht etwa, weil es schuldig ist, sondern weil sogar die eigene Schuldhaftigkeit in der Moderne nicht mehr erkannt werden kann. Das ist doch eine richtig böse Standortbestimmung des Menschen in der Moderne, oder?
      Auch Josefs Rettungsversuche der eigenen Haut sind ja absurd: Im vermeintlichen, vorgeschobenen Wissen um die Bedingungen des Prozess (zur Aufrechterhaltung seiner Autorität), erschafft er immer wieder die Mauern und Fesseln seiner Gefangennahme. Nichts als der Rahmen eines Gesetze ist es doch eigentlich, was Josef K. und wir vorgesetzt bekommen. Den Inhalt füllt Josef, wie pflichtschuldig exekutiert er an sich selbst das Gesetz.
      Ich gestehe aber, dass das Ende überhaupt nicht zu meiner Interpretation passt, denn plötzlich taucht doch noch der Statthalter des externen Gesetzes auf - Es wäre ja auch zu schön gewesen ;-) Ich tröste mich mit dem Wikipedia-Wissen, dass Kafka Beginn und Ende zuerst schrieb und dann die Mitte ausfüllt. Vielleicht wusste er anfänglich also selbst noch nicht, welche gefrorenen Wasser er mit seiner Axt aufzuhacken plante.
      Liebe Grüße

    • @lisamirako1073
      @lisamirako1073 Před 2 lety +1

      ​@@KainUndAbelBooks Zum sprachlichen Hintergrund Kafkas gibt es einen interessanten Artikel in der Welt:
      www.welt.de/welt_print/article1249792/Kafka-und-Katalonien.html
      Ich persönlich hätte in Bezug auf Autoren - deren entscheidendes Werkzeug ja die von ihnen benutzte Sprache ist - beim Hashtag "Tschechische Klassiker" eher die Erwartungshaltung, dass da wohl in tschechischer Sprache geschriebene Werke besprochen werden. Obwohl ethnischer Tscheche würde dazu dann z.B. Alois Tlučhoř nicht gehören, der unter dem Pseudonym Alois Theodor Sonnleitner in deutscher Sprache schrieb. Gerade weil ja im Zusammenhang mit dem literarischen Schaffen oftmals der Pass eines Autors (Kafka hatte 35 Jahre lang einen österreichischen und 6 Jahre lang einen tschechischen) eher von untergeordneter Bedeutung ist, finde ich den Hashtag somit eher irreführend.

  • @kleinerschmetterling9051

    😊👍