Wie rechte und antifeministische Netzwerke in Argentinien und Brasilien die Demokratie aushöhlen

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  • čas přidán 20. 06. 2024
  • Böll.Global 20
    Lateinamerika ist eine zunehmend polarisierte Region. Rechte, konservative, antidemokratisch und antifeministisch eingestellte Akteure und Regierungen gewinnen dort zunehmend an Einfluss, gelangen über Wahlen in die Parlamente. Die Wähler*innen mussten sich in den vergangenen Präsidentschaftswahlen in Brasilien, Kolumbien und Chile oftmals zwischen links-progressiven oder konservativ-rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten entscheiden. Die Ausrichtung der rechtsextremen Akteure ähnelt sich in der Regel: Sie möchten die Privilegien der Privilegierten erhalten, meist wirtschaftlicher Eliten. Mit strategisch antidemokratischen Desinformationskampagnen verbreiten sie antifeministische, nationalistische, geschichtsrevisionistische, ultraneoliberale oder klimawandelleugnende Narrative und Parolen. Diese strategisch mit Fake News gespickten, schnelllebigen Kommunikationskampagnen erreichen über Twitter, Facebook, WhatsApp und TikTok erfolgreich breite Teile der Bevölkerung. Auch nutzt die extreme Rechte religiösen Fundamentalismus als Instrument, auch traditionell konservative Akteure zu erreichen. Rechtsradikale Inhalte werden auf diese Weise in der Gesellschaft normalisiert. Druck, Kooptation und Intervention führen bereits jetzt in einigen Ländern dazu, dass das demokratisch-institutionelle Gefüge erodiert.
    In Argentinien hat sich mit Amtsantritt des rechtslibertären Javier Milei in Argentinien die wirtschaftliche und soziale Krise Argentiniens weiter verschärft. Sein Wahlsieg überraschte viele Argentinier*innen. Dass Milei und Teile seiner Regierung international mit rechten Netzwerken zusammenarbeiten wurde scheinbar unterschätzt. Letztere und die konservativen Parteien im eigenen Land haben zu Mileis Wahlsieg beigetragen. Auch nach der Wahl setzt er als Präsident mit maßlosen Polarisierungskampagnen den Zusammenhalt der Gesellschaft und das Vertrauen in die Demokratie aufs Spiel. Doch Analysen der ersten Monate Mileis bei uns hier in Deutschland blenden oftmals die zunehmende Diffamierung kritischer Stimmen sowie die internationale Vernetzung antidemokratischer Akteure aus - der Fokus richtet sich auf seine Wirtschaftspolitik.
    In Brasilien folgte auf die Amtszeit des rechtsextremen Jair Bolsonaro von 2019 bis 2022 Anfang Januar 2023 der progressive Luiz Inácio Lula da Silva als Präsident. Doch die Rechten in Brasilien bleiben weiter stark und erschweren aufgrund ihrer Mehrheit im Kongress und im Senat wichtige politische Vorhaben der PT (Arbeiterpartei) und ihren Alliierten. Die Regierung Lula muss jeden Politikwandel verhandeln und das Land bleibt extrem polarisiert. Auch der Sieg Lulas gegen Bolsonaro gelang nur knapp.
    Auch in Europa steigen die Zustimmungswerte für rechte Parteien und Kandidat*innen. Bei den EU-Wahlen am 09.06. wird ein Rechtsruck erwartet. Während mit Viktor Orbán in Ungarn und Giorgia Meloni in Italien rechte Regierungen an der Macht sind, haben im Oktober 2023 Polen und Polinnen die rechtsnationale Partei in der Regierung abgewählt. Unter der neuen Regierung versucht das Land nun Stück für Stück, die geschwächten Institutionen wieder zu stärken. In Frankreich ist ein Sieg von Marine le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2027 nicht ausgeschlossen.
    In unserer Online-Diskussion möchten wir einen Blick auf die rechten Akteure und Regierungen Lateinamerikas werfen und darüber sprechen, was Europa und Lateinamerika gegenseitig voneinander lernen können. In welchen internationalen Netzwerken sind rechte Akteure aktiv? Welche Diskurse nutzen sie, um ihre Ziele durchzusetzen? Wie können Gegennarrative und Strategien gegen die Aushöhlung demokratischer Werte und Institutionen entwickelt und gestärkt werden? Und was kann eine internationale Allianz demokratischer Akteure den kooperierenden rechtsextremen Regierungen entgegensetzen?
    Inputs von:
    - Michael Álvarez Kalverkamp, Büroleiter, Heinrich-Böll-Stiftung Buenos Aires, Argentinien
    - Marilene de Paula, Programmkoordinatorin Demokratie, Heinrich-Böll-Stiftung Rio de Janeiro, Brasilien
    Kommentierung durch:
    - Joanna Maria Stolarek, Büroleiterin, Heinrich-Böll-Stiftung Warschau, Polen
    Moderation: Layla Al-Zubaidi, Leitung Internationale Themenreferate

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