Ludwigshafen-Friesenheim (D), prot. Pauluskirche - Vollgeläute

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  • čas přidán 15. 09. 2019
  • Das wohl klangschönste Geläut aus Briloner Sonderbronze hängt im Turm der Pauluskirche in Ludwigshafen-Friesenheim.
    Die erste Erwähnung einer Kirche in Friesenheim geht auf das Jahr 1238 zurück. 1556 wurde in der Kurpfalz die Reformation eingeführt. Bei der Pfälzischen Kirchenteilung im Jahre 1705 erhielt die katholische Kirchengemeinde ihr Gotteshaus zurück. Zwischen 1771 und 1780 errichtete die reformierte Gemeinde eine neue, eigene Kirche, die zu Beginn des 20.Jahrhunderts durch einen neugotischen Neubau nach Plänen von Franz Seraph Schöberl ersetzt wurde. Die Einweihung erfolgte im Oktober des Jahres 1902. In den darauffolgenden Jahrzehnten erlitt die Kirche immer wieder schwere Schäden. Erstmals 1921, als das Oppauer Stickstoffwerk der BASF explodierte. Die Wiederherstellungsarbeiten waren erst 1923 abgeschlossen. 1944 trafen Phosphorbomben das Gotteshaus und setzten es in Brand. Hierbei wurde die Kirche bis auf die Grundmauern zerstört. Es erfolgte unmittelbar nach Kriegsende ein notdürftiger Wiederaufbau, der im März 1948 abgeschlossen war. Vier Monate später explodierte ein Kesselwagen - wieder bei der Chemiefabrik BASF. Dach und Fenster wurden erneut zerstört. Ein Defekt in der Gasheizung verursachte 1951 einen Brand in der Kirche, die schwere Schäden davontrug. Erst im Oktober 1952 konnte die Pauluskirche wieder eingeweiht werden. Eine umfangreiche Renovierung erfolgte von 1977 bis 1979. Die Orgelbauwerkstatt Mühleisen aus Leonberg errichtete 1997 die dreimanualige Orgel.
    Wie die Kirche auch besitzt ebenfalls das Geläut eine bewegte Geschichte. Die ersten Glocken goss im Jahre 1902 der Frankenthaler Glockengießer Karl Hamm. Schon 15 Jahre später verschwand dieses Geläut restlos in den Schmelzöfen der Rüstungsindustrie. 1921 und 1922 erhielt die Pauluskirche ein neues Geläut der Glockengießerei Franz Schilling aus Apolda, dem aber, bedingt durch den Zweiten Weltkrieg, ebenfalls kein langes Leben beschert war. 1954 schließlich sollte ein sechsstimmiges Geläut vom Turm der Pauluskirche erklingen. Den Guss führte Albert Junker junior in Brilon aus. Das Besondere ist, dass die neuen Glocken nicht aus normaler Zinnbronze, sondern aus der sogenannten Briloner Sonderbronze gegossen wurden. Bei dieser Legierung handelt es sich um ein zinnfreies Kupfer-Silizium-Gemisch, wobei der Kupferanteil mit rund 92% weitaus höher ist als bei gewöhnlicher Glockenbronze. Nicht jedes Geläut aus dieser Legierung vermag es, den aufmerksamen Hörer musikalisch zu überzeugen. Hier in Friesenheim ist das absolute Gegenteil der Fall. Junker schuf hier das wohl klanglich schönste Geläut aus dieser Legierung. Die einzelnen Glocken weisen eine sauber strukturierte Innenharmonie sowie ein enormes Maß an Singfreudigkeit auf. Im Vollgeläute ist eine klare, ausgeglichene Melodieführung vom Bass bis zum Diskant, trotz Gegengewichtsklöppeln bei den vier größeren Glocken und überschweren Holzjochen, deutlich erkennbar. Das Konzept für dieses hervorragende Geläut geht auf den damaligen Glockensachverständigen Theo Fehn zurück. Die Kirchengemeinde kann sich glücklich schätzen, diese Glocken ihr Eigen nennen zu dürfen.
    Totenglocke, Schlagton cis'-7, Gewicht ca. 1.800 kg, Durchmesser 1508 mm, gegossen im Jahre 1954 von der Glockengießerei A. Junker in Brilon.
    Evangelienglocke, Schlagton e'-4, Gewicht ca. 1.090 kg, Durchmesser 1265 mm, gegossen im Jahre 1954 von der Glockengießerei A. Junker in Brilon.
    Hochzeitsglocke, Schlagton gis'-5, Gewicht ca. 500 kg, Durchmesser 991 mm, gegossen im Jahre 1954 von der Glockengießerei A. Junker in Brilon.
    Vaterunserglocke, Schlagton h'-1, Gewicht ca. 420 kg, Durchmesser 879 mm, gegossen im Jahre 1954 von der Glockengießerei A. Junker in Brilon.
    Gnadenglocke, Schlagton cis''-1, Gewicht ca. 300 kg, Durchmesser 785 mm, gegossen im Jahre 1954 von der Glockengießerei A. Junker in Brilon.
    Taufglocke, Schlagton dis''-4, Gewicht ca. 205 kg, Durchmesser 694 mm, gegossen im Jahre 1954 von der Glockengießerei A. Junker in Brilon.
    Für die Ermöglichung dieser Aufnahme danke ich Pfarrer Kiefer recht herzlich! Ebenso geht ein Dankeschön an Fabio und Noel für den schönen und rundum gelungenen Tag in Ludwigshafen.
  • Hudba

Komentáře • 29

  • @lilienglocke1427
    @lilienglocke1427 Před 4 lety +1

    Da braucht man nicht mehr viel sagen, das Geläut ist richtig singfreudig und erfrischen. Zuhören und genießen.

  • @blazkramaric2569
    @blazkramaric2569 Před 4 lety +6

    Is there maybe a recording of the bells before they were "tone corrected"?
    Btw, awsome video, love these bells, they are a real masterpiece 😀

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 4 lety +3

      The bells were corrected in the foundry in 1954...

    • @krm4c4
      @krm4c4 Před 4 lety +2

      @@Engerlingraucher understood, tnx for the answer

  • @karlsglocke
    @karlsglocke Před 4 lety

    Ein wirklich schönes Geläut! Die Sonderbrone Glocken sind hier sehr gut Gelungen
    LG Nils

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 4 lety

      Ich kenne auch kaum gleichwertige Glocken aus diesem Material.

  • @grazerglockenfreund1205
    @grazerglockenfreund1205 Před 4 lety +1

    Ein sehr schönes Geläute ist das.

  • @ChristusGlocke
    @ChristusGlocke Před 4 lety

    Das Geläute ist natürlich vorzüglich und hat durch die Sanierung seine Klangkraft und Klangqualität gottseidank nicht einbüßen müssen und noch dazu einen interessanten "Klöppelfänger-Effekt" erhalten. :-)
    Vielen Dank nochmal für den tollen Tag. :D

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 4 lety

      Im Vergleich zu Mannheim (Bonifatius) klingt das hier, trotz augenscheinlich "schlechterer" Armaturen, viel dynamischer und lebendiger. :-)

  • @Landfeuerglocke
    @Landfeuerglocke Před 3 lety

    Klingt so schön getragen. Fein.

  • @sanctus100
    @sanctus100 Před 4 lety +1

    Tolle Anlage, herrlicher Klang. Die Glocke setzt sofort ein und hat dennoch den "Ausläuteeffekt", den ich bei Klöppelfängern leider vermisse...

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 4 lety +1

      Da würde sich doch ein defekter Klöppelfänger glatt lohnen... ;-)

    • @sanctus100
      @sanctus100 Před 4 lety

      @@Engerlingraucher lol

  • @lucarichard5899
    @lucarichard5899 Před 4 lety

    Ach ja Theo Fehn sagt mir was. Er hat viele schöne Geläute geschaffen die Gemeinsam recht sehr gut klingen. Und dieses Junkergeläute ist eines seiner besten. Gute Aufnahme.

    • @martinluther4971
      @martinluther4971 Před 4 lety

      @Luca Richard: Wieviele kennst Du?

    • @lucarichard5899
      @lucarichard5899 Před 4 lety

      @@martinluther4971 So einige.

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 4 lety +2

      Merci! Theo Fehn hat sich mit seinen Ideen nicht nur Freunde gemacht - vor allem unter anderen "Experten". Heute sieht das, Gott sei Dank, anders aus...

    • @martinluther4971
      @martinluther4971 Před 4 lety

      @@lucarichard5899 Ok...cool...

  • @nurnbergerglockenfreund

    Trotz GGK doch recht nett anzuhören! Wow! Bin positiv überrascht!

  • @gerritbuchwaldt6670
    @gerritbuchwaldt6670 Před 4 lety +1

    Schönes geläut von Brilon

  • @Snomon962
    @Snomon962 Před 3 lety

    Was hast du denn für eine kamera benutzt?
    Tolles Video;)

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 3 lety

      Merci. :-) Ich nutze nach wie vor eine Spiegelreflexkamera von Canon.

  • @grobifrank1976
    @grobifrank1976 Před 4 lety

    Wieso die Gegengewichte bei den Klöppeln? Die Joche sind soch gar nicht gekröpft??

    • @Engerlingraucher
      @Engerlingraucher  Před 4 lety

      Überschwere Holzjoche erzeugen einen ähnlichen Effekt wie gekröpfte Joche (der Schwerpunkt liegt nicht exakt auf Achshöhe; deshalb würden hier normale Klöppel nicht fliegen, sondern fallen)...