DIE JUNGE MARTHA ARGERICH SPIELT WERKE VON FRÉDÉRIC CHOPIN UND FRANZ LISZT [1]

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  • čas přidán 20. 03. 2023
  • Martha Argerich, Klavier
    Werke von Frédéric Chopin und Franz Liszt
    Lodernde Verweigerung
    Sie ist ein Wunder an Nonkonformismus, Chaos und klavierspielendem Können: Nicht nur deshalb ist die Pianistin einzigartig.
    Selbst wenn sie nicht bis zum heutigen Tag, samt ihrem kaum glaublichen 75. Geburtstag am 5. Juni, so tigerinnenhaft und kraftvoll geschmeidig Klavier spielen könnte, wäre sie die Ausnahme-Erscheinung in einer nach wie vor erschreckend konformen Klassikszene. Denn Martha Argerich ist auch mit grauen Haaren noch ein elektrisierender Wildfang, eine jugendliche Nonkonformistin, eine einzigartige mater familias - und eine der faszinierendsten Künstlerinnen überhaupt.
    Das Tollste daran: Man muss sie nicht als Teenager-Tastenstürmerin erlebt haben, die von ihrem Geburtsland Argentinien aus via Europa mit Ungestüm, Temperament und nonkonformistischer [sprich: gar keiner, obwohl von einer überehrgeizigen Mutter vorangetriebener] Karriereplanung die Klassikwelt eroberte. Eine Tastenstürmerin, die den sonst niemals Schüler ausbildenden Friedrich Gulda in Wien becircte, ebenso wie Nikita Magaloff in Genf. Denn die Argerich von heute, die mit ihren Spiel- oder Notenwendepartnern quasselnd und scheel auf das als Notwendigkeit geduldete Publikum schauend den Konzertsaal betritt, die sich scheu wie ein Mädchen hinter ihrem Haarvorhang verbirgt und die dann wie ein Wirbelwind im wippenden Rock die Tasten zum Glühen bringt, ist nicht viel anders als die Debütantin, die 1957 den Genfer und den damals neuen Busoni-Wettbewerb in Bozen, sowie 1965 den Warschauer Chopin-Wettbewerb souverän für sich entschied.
    Denn schon damals lagen zwischen diesen beiden Jahreszahlen Niederlagen, Selbstzweifel und Auszeiten, die Existenz einer Künstlerin, die am meisten mit sich selbst zu kämpfen hatte, die sich dem Betrieb verweigerte, aber ohne ihn natürlich auch nicht existieren konnte. Die mit wechselnden Männern, darunter vielen Musikern, Dramen erlebte, drei Töchter großzog, inzwischen sechsfache Großmutter ist, zwei schwere Krebserkrankungen meisterte sowie als generöse Leitfigur einer stetig wachsenden Klavierkinderfamilie in Brüssel und Paris fungiert.
    Mit dem Dirigenten Charles Dutoit, ihrem zweiten Ehemann, ohrfeigte sie sich öffentlich, doch mit keinem spielte sie Schumanns Klavierkonzert poetischer und Tschaikowskis b-Moll-Schlachtross rasanter. Martha Argerich muss immer viel Porzellan zerschlagen, um zur besten Form aufzulaufen, aber dann ist sie bis heute auf einem nach wie vor von Tastenstürmern und Egozentrikern, Sensibilissimi und Esoterikern dominierten Klavierkampffeld einzigartig und ungeschlagen.
    Kalkulierte Enttäuschung
    Einzigartig wohl auch deshalb, weil sie sich verweigert und Erwartungen nicht erfüllt hat, Umwege nahm und doch immer irgendwie eiernd im Ziel ankam. Martha Argerich ist menschlich und greifbar, fehlerhaft und launisch - und trotzdem ein Genie, wenn sie sich selbst überwindet, die eigensinnig hochgelegten Schranken hinter sich lässt.
    Irgendwann in den Achtzigerjahren wurde das Lampenfieber zu groß, und sie verschanzte sich hinterm Orchester in einer kleinen, aber bis heute aufregenden Werkgruppe, in der die beiden Chopin-Konzerte, das erste von Tschaikowski, das in G-Dur von Ravel, das 1. und 3. von Prokofjew, das von Schumann und das 1. von Beethoven dominieren. Außerdem pflegt sie in überreichem Maße die Kammermusik, hat inzwischen zwei Generationen von Interpreten als Erweiterung ihrer Familie gefördert. Und hat sich immer wieder auch auf ihre argentinischen, kroatischen und, wie wir dank einer ersten Biografie [von Olivier Bellamy] nun auch wissen, jüdischen Wurzeln besonnen.
    Es muss ein besonderer Moment in Buenos Aires gewesen sein, der binnen weniger Jahre Klaviertalente wie La bella Martha, Daniel Barenboim [mit dem sie inzwischen wieder regelmäßig vierhändig oder an zwei Pianos konzertiert, eben auch ein schönstes Live-Album aus dem Teatro Colon in Buenos Aires vorgelegt hat], Bruno Leonardo Gelber und später Nelson Goerner hervorgebracht hat.
    Trotz aller Konkurrenz: Keiner brennt wie Martha Argerich und verweigert sich gleichzeitig, keiner hat auf so unglaublich nachhaltige Art seit 1996 im japanischen Beppu, seit 2002 auch in Lugano und zeitweise sogar in Buenos Aires Festivals ausgerichtet, die ihren Namen tragen, die aber dennoch vor allem ein Podium für Kammermusik und Miteinander, für langjährige Beziehungen und jähe kreative Höhepunkte in einer sonst oft nur aufs Funktionieren ausgerichteten Musikwelt sind.
    Warner Classics und die Deutsche Grammophon erinnern sich mit opulenten Geburtstagsboxen. Auch die Sony hat ihre verstreuten Argerich-Aufnahmen auf fünf CDs gebündelt Glücklich aber die, welche einen der raren Abende der Absagerkönigin Argerich zu hören bekommen. Niemand nämlich spielt mit, nun ja, 75 Jahren, so jungmädchenhaft neugierig und spontan. Was man nach wie vor gehört haben muss.
    RONDO - Das Klassik- und Jazz-Magazin
    by berlinzerberus
  • Hudba

Komentáře • 22

  • @berlinzerberus
    @berlinzerberus  Před rokem +4

    Es ist ein großes Manko für alle Klavierbegeisterten,
    dass Martha Argerich keine, oder nur wenige Werke
    für Klavier solo spielt. Wir kämen, insbesonders heut-
    zutage in den Zeiten ihres Spätstils, zu Kostbarkeiten,
    die eine wahre Bereicherung darstellen würden. Denn,
    bis auf ein paar Ausnahmen, können es die Pianisten
    von heute nicht mit ihr aufnehmen, auch mit 80 nicht.
    Also, Lampenfieber ist ein 'gar furchtbar Ding'. Hätte
    sie, statt mit einem Orchester nach dem anderen zu
    spielen, ihre Dämonen bekämpft, kämen wir in einen
    ganz anderen Genuss: Sie wäre die beste Pianistin
    der Welt. 💯🤍👀

  • @martinuhlenbrock2968
    @martinuhlenbrock2968 Před 9 měsíci +1

    A wonderful video in every respect. Thank you!

  • @philiprostek
    @philiprostek Před rokem +2

    Beautiful to see and hear! Thank you!

    • @berlinzerberus
      @berlinzerberus  Před rokem +2

      Martha Argerich's Liszt is peerless!

    • @philiprostek
      @philiprostek Před rokem +1

      @@berlinzerberus Her Liszt concerto #1 is so fast and exciting...

  • @paulprocopolis
    @paulprocopolis Před rokem +2

    Spectacular playing!

  • @Sofronichrist
    @Sofronichrist Před rokem +2

    Quelle interprétation du 2ème Scherzo ! Tout simplement exceptionnel ! Merci infiniment !

  • @jmp2023
    @jmp2023 Před rokem +1

    nice one

  • @berlinzerberus
    @berlinzerberus  Před rokem +4

    18:13 - Kiss, Martha - Bravo!

  • @volkerplatte1359
    @volkerplatte1359 Před rokem +2

    grandios, dankeschön.

  • @likie
    @likie Před rokem +2

    I am so amazed at the great technique. Thanks to my friend KLAUS for always sharing special videos❤

    • @berlinzerberus
      @berlinzerberus  Před rokem +2

      Thanks for being your friend, Likie - You're mine too! 💫👀

  • @daniels7052
    @daniels7052 Před rokem +1

    Do you have the Liszt rhapsody?

  • @rmsf1072
    @rmsf1072 Před rokem +1

    czcams.com/video/BF7pmimzjBs/video.html Beethoven und Martha Argerich ❣

    • @berlinzerberus
      @berlinzerberus  Před rokem

      I know this performance and I have to say that pianist and conductor go together. They do complement each other!

  • @marcellgentz1695
    @marcellgentz1695 Před rokem +2

    Sie spielt aber heutzutage nur noch mit Orchester, oder?
    VG
    M.G.