Tag 2 von 2 (Live), Teil 12 von 12, Leider in schlechter VHS Aufnahme.
Quelle: Spiegel Online, 10.09.1999
Mit Bravour haben vier Bergsteiger vor laufenden Kameras am Freitag die schwierigsten Passagen der Eiger-Nordwand gemeistert. "Kamin, Götterquergang" und "Weiße Spinne" forderten höchste Konzentration.
Hunderttausende Fernsehzuschauer in der Schweiz und Deutschland konnten das Spektakel live am Bildschirm verfolgen. Mit den im Helm montierten Kameras lieferten die vier Bergsteiger atemraubende Blicke in den mehr als 1000 Meter tiefen Abgrund. Am Nachmittag wollten sie den 3970 Meter hohen Gipfel des Eiger erreichen.
Nach einer kurzen Nacht auf einem nur gut einen Meter breiten Felsvorsprung nahmen sie den Gipfelsturm um kurz vor 06.00 Uhr in Angriff. Ralf Dujmovits (37) aus Bühl im Schwarzwald quälte sich trotz Rückenschmerzen die eisige Felswand hinauf, Evelyne Binsack (32) kämpfte mit einer Ellbogenverletzung. Sieben Stunden Klettern und eine unbequeme Nacht hatten die vier zu diesem Zeitpunkt bereits in den Knochen. Die Nordwand ist 1800 Meter hoch. Weil oft nur waagerecht voranzukommen ist, liegt die Kletterstrecke aber bei rund vier Kilometern.
Der Jüngste im Team, Stephan Siegrist (27), musste am Freitagmorgen voran klettern. Der Bergführer, der in seiner Freizeit als Model arbeitet, bahnte den Weg durch eine der schwierigsten Passagen. Im "Kamin", einer senkrechten Felsspalte, kam ihm Wasser entgegen. "Man kriegt eiskalte Finger, das ist sehr schmerzhaft", berichtete er bei der nächsten Verschnaufpause. Anderl Heckmair (93), der die Eiger-Nordwand 1938 als erster bezwang, stand am Fuß des Eiger. "Der schlimmste Feind ist die Angst. Wer Angst hat, hat im Berg nichts zu suchen", gab er zu Protokoll.